Nicht nur der europäische Gerichtshof sondern auch das Bundesarbeitsgericht in Erfurt ist für Überraschungen gut. In dem am 23. Januar 2019 entschiedenen Rechtsstreit gab das Bundesarbeitsgericht seine bisherige Rechtsprechung für die Befristung ohne Sachgrund auf.
§ 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz regelt, dass eine Befristung ohne Sachgrund nur dann erlaubt ist, wenn der Arbeitnehmer zuvor noch nicht bei demselben Arbeitgeber beschäftigt wurde. Seit etwa 2011 hatte das Bundesarbeitsgericht den Begriff „zuvor“ auf kreative Art und Weise ausgelegt. Nach Meinung der Erfurter Richter hieß „zuvor“, das nur Beschäftigungszeiten in den letzten drei Jahren vor Beginn des nun befristeten Arbeitsverhältnisses berücksichtigt werden müssten. Alles was länger als drei Jahre zurück lag, war nicht mehr „zuvor“.
Da sich von dieser Auslegung das erste Mal hörte, war ich schon erstaunt. Schließlich ergibt ein Blick ins Wörterbuch recht eindeutig, dass „zuvor“ das Gleiche bedeutet wie „vorher“. Und wie man mit allgemeiner Hochschulreife und abgeschlossenem Jurastudium und Referendariat auf die Idee kommen kann, dass in dem Wort zuvor eine dreijährige Begrenzung steckt, übersteigt meine Vorstellungskraft.
Nachdem das Bundesverfassungsgericht im Juni 2018 feststellte, dass die Richter am Bundesarbeitsgericht den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers mit ihrer Rechtsprechung missachteten, segelten sie mit dem Urteil vom 23. Januar 2019 wieder zurück auf den alten Kurs von vor 2011.
Für die Arbeitgeberpraxis bleiben aber noch Schwierigkeiten. Denn das Bundesverfassungsgericht hat auch festgestellt, dass eine Befristung ohne Sachgrund möglich sei, wenn eine Vorbeschäftigung „sehr lange“ zurückliege. Um welchen Zeitraum es sich dabei handeln muss, ist aber noch nicht klar. Acht Jahre jedenfalls sind noch nicht sehr lange, sodass Bundesarbeitsgericht.
Ich meine, dass die gesetzgeberische Entscheidung hier recht deutlich ist. Der Gesetzgeber hätte in den vergangenen Jahren mehrfach die Möglichkeit gehabt, das Gesetz zu präzisieren, wenn er der Meinung gewesen wäre, dass „zuvor“ nur einen begrenzten Zeitraum bedeuten sollte. Möglicherweise tut er das nun nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes.
Bis dahin gilt aber für Arbeitgeber, dass nach Vorbeschäftigungszeiten generell und nicht nur für einen begrenzten Zeitraum gefragt werden sollte, wenn eine Befristung ohne Sachgrund erfolgen soll. Eine solche Frage muss der Arbeitnehmer dann auch wahrheitsgemäß beantworten.
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